Léolo
Griechischer Titel: Λεολό
Russischer Titel: Леоло
Originaltitel: Léolo
Alternative Titelvarianten:
Leolo / Λέολο
Drama – Kanada, Frankreich
Produktionsjahr: 1991
Filmlänge: 107 Minuten
Léolo
Filmbeschreibung:
DVD vom Fernsehen Erinnerungen des kanadischen Regisseurs Jean-Claude Lauzon an seine Kindheit in einem Armenviertel, als er vor der erdrückenden Enge der Familie ins Schreiben und den Traum von einem anderen Leben flüchtete. Die Erinnerungsarbeit setzt einen rauschhaften Strom von Bildern frei, unkontrolliert, aber von verstörender Schönheit. Eine schonungslose filmische Selbsttherapie, die auch Monstrositäten und Schockmomente birgt.

Zweimal hat der Großvater versucht, Léolo umzubringen. Das eine Mal war so: Die Kinder toben vor der Haustür im kleinen Wasserbecken. Es ist Sommer, auch Opa sitzt in der Sonne. Das Wasser spritzt, die Mutter mahnt, aber das Wasser spritzt immer weiter. Opa wird naß, er wird ungeduldig, wütend, bis ihm der Kragen platzt, und er den Jungen, Léolo, ins Becken drückt. Erst die Mutter kann ihn zurückreißen. Jean-Claude Lauzon erinnert sich an seine Kindheit, die Jahre in einer beengten Wohnung in Mile End, dem Armenviertel im Osten von Montreal, erdrückt vom Elend und vom bösartigen Chaos der Familie. Der Junge hat nur Flucht im Sinn. Er erfindet sein Leben neu. Er heißt Léolo und kommt aus Sizilien, und er liebt Bianca, das schöne Mädchen von gegenüber. Er bringt, was er sieht und erlebt, zu Papier, versucht die Rätsel um ihn herum in fiebrigen Phantasien in den Griff zu kriegen. Nach und nach tauchen sie auf aus dem trüben Teich: der Vater, der meint, Krankheiten beuge man am besten mit Abführtabletten vor, und die Wirkung der wöchentlichen Ration peinlich genau überwacht; der größere Bruder, der Léolo im Hafenbecken nach Schrott tauchen läßt, der seinen Körper mit Bodybuilding bläht und dabei innerlich klein bleibt wie eine Maus – ein schlichtes Gemüt, wie Rita und Nanette, die Schwestern; der Großvater natürlich, der sich für ein bißchen Geld noch ein paar Liebesdienste vom Nachbarmädchen kauft; und die Mutter in ihrer fetten Schwerfälligkeit – das einzige berechenbare Element im Chaos, der einzige Leib, an den Léolo sich klammern kann. Selten sind sie alle zusammen, oft steckt einer in der Psychiatrie, einmal sogar alle. Ich träume, also bin ich nicht. Nicht so. Nicht verrückt. Sie tauchen auf, und dann verschwinden sie wieder. Die Geschichten und Geschichtchen der Familie Louzon haben keine Klammer, sie fransen an den Rändern aus; das, was sie zusammenhält, ist einzig Léolos Blick, immer neugierig, mal naiv, mal fassungslos, als wisse er schon, daß das Elend kein Ende haben wird. Die Bilder sind traumhaft schön, sie berauschen und verstören. Aber sie erschrecken auch, oder sie widern an. Sodomie als Mutprobe, ein ausgeklügelter Mordversuch am Großvater, der auf makabre Weise scheitert – die Selbsttherapie, der sich Lauzon mit diesem Film unterzogen hat, klammert den Schock (auch für den Zuschauer) nicht aus. So wenig Erinnerungen eine Ordnung kennen, so wenig kennen sie Scham. Das Schreiben übriges ist für den jungen Léolo nicht genug Therapie zum Leben »in diesem Friedhof der lebenden Toten«. Am Ende kommt auch er ins Hospital, starr im Eiswasser liegend, mit glasigen Augen, die genug gesehen haben. Ich bin nicht.
Darsteller der Jungenrollen
Maxime Collin
(Léolo, 11 Jahre)
Geburtstag: 06.12.1979

Alter des Darstellers:
ungefähr 11 Jahre
Francis St. Onge
(Leolo, 6 Jahre)
Alex Nadeau
(Fernand, 16 Jahre)
Weitere Informationen
Kommentare zum Film
Anonym
2005 benannte das Nachrichtenmagazin TIME Léolo als einen der 100 besten Filme aller Zeiten. Hier gilt die Formel: „schwieriger Film mit dem Stilmittel des inneren Monologes, ist immer ein Erfolg“. Was gemessen an der Kritik und den vergebenen Preisen auch prompt eintraf. Für mich ist dieser Film genauso unmöglich und geschmacklos wie Pasolinis „120 Tage von Sodom“, eigentlich noch geschmackloser! Nur gut, daß diese vom Teufel gerittenen Regisseure kurz nach Veröffentlichung ihrer „Untiere“ dann von demselben auch stets zu sich heruntergeholt werden. Für meinen Geschmack ist Lauzons „Léolo“ einer schlechtesten 100 Filme aller Zeiten!
M.
guzzicali
Dieser Film ist reich an Facetten: von liebenswert bis schockierend, Armut, Freßsucht, Sex, Pubertätspraktiken, skurriles, italienische Großfamilie, American way of life und anderes. Einzigartig der Junge Maxime Collin.
Auf jeden Fall zwingt der Film zum Nachdenken oder Nachbearbeiten und bleibt lange in Erinnerung. Ein Film den man nicht vergißt.
Kategorie: Top-Film seiner Art.
paolo
Ich kann mich da dem Kommentar von Guzzicali anschließen, ein einzigartiger, witziger Film, den es in dieser Form seit Jahrzehnten leider nicht mehr gab. Wirklich schade, daß kein Regisseur mehr den Mut hat, solche gewagten Filme zu drehen, und man nur noch Einheitskost auf den Markt bringt.
Dieser Film wurde von Heiner in die Filmliste eingetragen!
Archiv der Sende- und Vorführtermine:
Mittwoch, 18. April 2007, 23.30 bis 1.15 Uhr, BR
Sonntag, 11. Januar 2009, 23.15 bis 0.55 Uhr, BR
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